Samstag, 4. Juni 2016

Streiks in Frankreich lösen Solidarität deutscher Arbeiter aus (Update)


Es haben sich in mehreren Ländern Solidaritätsgruppen gebildet zur Unterstützung der Streiks in Frankreich. Hier ist der Link, um zu unterschreiben oder zu spenden.
Zum ersten Mal höre ich von grenzenübergreifender Arbeiter – Solidarität seit Einführung von der EU, von der zuvor die Gewerkschaften schwadronierten, um das Volk zu betrügen. Können sich unsere Arbeiter in Schweden  und Deutschland nicht einmal ein Beispiel an ihnen nehmen?

Streiks in Frankreich lösen Solidarität deutscher Arbeiter aus


Verena Nees
3. Juni 2016
Aus dem Englischen: Einar Schlereth
Seit März finden in Frankreich Riesen-Streiks statt und in Deutschland? Nix, rien, nothing nada.
Die Streiks gegen die reaktionären Arbeitsgesetze der sog. Sozialistischen Partei von Präsident Hollande haben in Deutschland zwei unterschiedliche Reaktionen bewirkt: die eine ist Hilfe und Sympathie bei Arbeitern und Jugendlichen; auf der anderen Seite Schrecken, Wut, anti-kommunistische Angriffe und anti-französische Tiraden der Mainstreammedien.

Seit Wochen haben die großen Medien, Fernsehen, Radio-Stationen versucht, die Ereignisse in Frankreich zu meiden oder haben sie als bloße Jugendrevolten und als ein paar Geplänkel der CGT (Stalinistische Arbeitergewerkschaft) mit der Polizei abgetan.

Doch als die Streiks sich ausdehnten gegen die sozialen Attacken in der vergangenen Woche – wobei zehntausende in Frankreich und Belgien auf die Straßen gingen – konnten die deutschen Medien ihren Blackout schwerlich beibehalten.

Am 26. Mai drückte Spiegel-Online die Sorgen der deutschen politischen Elite über diese Entwicklung aus. Unter dem Titel „Frankreich auf den Barrikaden“ beklagt man die „chaotische Situation“ im Nachbarland. Der Bericht zitiert die „ängstliche Frage auf der Frontseite des Le Parisien: Stehen wir vor der totalen Paralyse?“ und verweist auf die IFOP-Untersuchung, der zufolge zwei Drittel des französischen Volkes „eine soziale Explosion“ in den kommenden Monaten erwarten.

Gleichzeitig versuchte Der Spiegel und andere Zeitungen, die Gefühle ihrer Leser gegen die französischen Arbeiter anzustacheln. Zwei Wochen vor der Europäischen Fußball-Meisterschaft behauptete das Magazin, dass der Strom abgestellt werde und der Treibstoff rar wird.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), das ideologische Hausorgan der deutschen Bourgeoisie, reagierte besonders heftig. Ihre Paris-Korrespondentin Michaela Wiegel denunzierte wütend die Streiks. „Es ist nur eine radikale Minorität, die Frankreich den Atem anhalten lässt wegen der Straßenproteste und den Freudenfeuern,“ schrieb sie am 26. Mai giftig. Die CGT hätte eine „Randale gegen die Arbeitsreformen“ begonnen. Aber die meisten französischen Präsidenten würden versagen, „wenn die Barrikaden zu brennen anfangen“.

Sogar Präsident Holland weiß, „wie sehr sein Land immer noch von dem Erbe der Französischen Revolution beeinflusst ist“. Aber Hollande ist am Ende, er wäre „zu schwach, um den Kampf mit einer radikalen Minorität von CGT-Streikenden aufzunehmen,“ schrieb Wiegel.

Für die FAZ war die Brutalität der CRS-Krawall-Polizei gegen die Straßenblockaden und Streikposten in den vergangenen Tagen, bei denen es mehrere Tote gab, nicht hart genug. Es gibt keinen Zweifel, dass die deutsche herrschende Klasse sich vorbereitet, eine massive staatliche Repression durchzusetzen, sollten die deutchen Arbeiter für ihre Rechte kämpfen  wie es die französischen gegenwärtig tun.

Das rechte Boulevardblatt Die Welt veröffentlichte eine boshafte Tirade gegen die französischen Arbeiter und Jugendlichen. „Ein neues 1968? Nein, nur eine Revolte von Engstirnigen,“ schreibt Sascha Lehnartz. Die Proteste – das Blatt wollte nicht die Worte „Streik“ und „Arbeiter“ benutzen – seien ein Zeichen der Stagnation. In Frankreich wird jede Regierungsreform von „starrsinnigen Gewerkschaftlern“, einer „crypto-kommunistischen Organisation“ und Studenten blockiert, die man schnell beseitigen kann. Letzteres würde einfach ihre Zukunft erledigen, schreibt Lehnartz zynisch.

Die „Bürger proben wieder den Aufstand“, schreibt er und wahrscheinlich, um sich selbst zu beruhigen: „Ob es … eine Massenbewegung ist, kann bezweifelt werden.“

Die Meinungsumfragen erzählen eine andere Story: eine große Majorität der französischen Bevölkerung solidarisiert sich mit den Streiks und fordert die Zurücknahme des anti-Arbeiter El Khomri Gesetzes, das wirklich in Richtung einer unsicheren Zukunft für junge Leute deutet.

Was Lehnartz verfolgt, ist die Tatsache, dass der Geist von 1968 tatsächlich in der Luft liegt. Jedoch gibt es einen großen Unterschied zu damals: Nicht nur ist die soziale Spaltung jetzt sehr viel tiefer, sondern die alten Gewerkschafts-Apparate, einschließlich der CGT und die sozialdemokratischen und stalinistischen Parteien haben weit weniger Einfluss auf die Arbeiter als 1968, als sie die revolutionäre Bewegung verrieten. Eine neue und mächtige europäische Bewegung der Arbeiterklasse beginnt Form anzunehmen, die über die alten korrupten Organisationen hinweggeht.

Das ist es, was Lehnartz, Wiegel & Co. auch für Deutschland fürchten.

Und zu Recht, wie die online-Antworten auf die WSWS-Reportage in Frankreich und den Spiegel-Report bestätigen. „Respekt for den Belgiern und Franzosen!“ schreibt eine Person einer Facebook-Gruppe, wo er den WSWS-Artikel postete. „Wenigstens verteidigen sie sich gegen die Regierungen, die vom big business kontrolliert werden!!! Macht weiter so!!!“ Ein anderer wünscht, dass „Dies auch hier herüberschwappt.“

Am Donnerstag morgen, als der Spiegel seinen Report um 8.25 Uhr online legte, folgte ein reißender Strom von Kommentaren. Bis zum nächsten Morgen hatte der Artikel mehr als 500 Kommentare erhalten, von denen die große Mehrheit ihre Solidarität mit den französischen Arbeitern äußerte. „Meinen Respekt vor den Franzosen. Während sie auf die Straßen gehen und wirklich für Aufregung sorgen, werden in Deutschland die Hartz4 (Arbeitsreformen) in Foren diskutiert und die Verantwortlichen werden wieder gewählt,“ heißt es im ersten Kommentar.

Ein paar Minuten später: „Wenn wir nur genauso gehandelt hätten, bevor es zum Abkommen mit unserer Agenda 2010 [Reformen] kam.“ Ein Leser jubelt „Vive la France!“ und „Haltet durch, liebe Nachbarn. Kämpft gegen die Liberalisierungs-Manie. Die Konsequenzen von Agenda 2010 sind klar. Millionen sind abhängig von der Wohlfahrt und Zeitarbeit. Die Reichen wurden Reicher, die Armen ärmer.“

Ein anderer beklagte sich über die Medien: „Der Streik begann am 31. März …. Aber keine Nachrichten in der deutschen Presse. Und jetzt?? Oh, Streik vor dem World Cup [sic]!! Ist diese Information wichtig? Der verlämngerte Arm der Kommunisten!! Ist das wichtig?? Der Artikel [im Spiegel] mangelt es an jeder Substanz.“

Ein Fußball-Fan bemerkt: „Ob Frankreich oder Brasilien … diese Länder, Europa und wahrscheinlich die Welt stehen vor ganz anderen Problemen als diesen lächerlichen und wahrscheinlich korrupten großen Ereignissen in den kommenden Monaten. Ich bin ein leidenschaftlicher Fußball-Fan, aber ich kann ohne die Europäische Meisterschaft leben, wenn so viele andere Konflikte gelöst werden müssen.“


Quelle - källa - source


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