Donnerstag, 8. Januar 2015

Afrika 2014 im Rückblick: Konterrevolution, Neokolonialismus und Massenkampf

Die kolonialen Schlächter sitzen zu Gericht über die Unterdrückten und wo sind die großen Verbrecher aus den USA und der EU, die sich überall einmischen, Regierungen stürzen, Länder zerbomben, Millionen töten, die Reichtümer stehlen? Den mit Gewalt gestürzten Präsidenten eines armen Landes und seine Frau anzuklagen, das können diese Helden. Gbagbo soll sich womöglich noch glücklich schätzen, dass er nicht dasselbe Schicksal wie Sankara, Saddam und Gaddafi erlitt. Welch ein Hohn auf Recht und Gerechtigkeit.


Lektionen aus falschen Ansätzen und imperialistischen Interventionen

Abayomi Azikiwe
4. Januar 2015
Aus dem Englischen: Einar Schlereth


Frau Simone Gbagbo, ehemalige erste Dame der Elfenbeinküste hatte am 26. Dezember ihren ersten Termin vor Gericht im Lande. Ihr werden Verbrechen vorgeworfen in Verbindung mit der Amtszeit ihres Mannes, dem gestürzten Präsidenten Laurent Gbagbo, der sich jetzt in Den Haag in Haft des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) befindet.

Präsident Gbagbo wurde von der früheren Kolonialmacht Frankreich und den Vereinigten Staaten seit Ende 2010 für einen Sturz vorgesehen. Am Ende wurde Gbagbo im April 2011 in seiner Residenz umzingelt, wo er, seine Frau und andere führende Mitglieder der Regierung der Elfenbeinküste verhaftet wurden.

Ein Politiker und Funktionär des internationalen Finanzkapitals, Alassane Quattara war gegen Gbagbo 2010 bei den Wahlen angetreten. Ein Streit über das Ergebnis und eine weniger als angemessene Resolution der Afrikanischen Union (AU) und der Wirtschaftsgemeinschaft der Westafrikanischen Länder (ECOWAS) führten zu einer politischen Krise und die von Frankreich geführte Konter-Revolution setzte den Kandidaten durch, der von den Imperialisten bevorzugt wurde.


Die ehemalige erste Dame Gbagbo, die seit dem Sturz der Regierung im Norden der Elfenbeinküste in Haft ist, wurde in die kommerzielle Hauptstadt Abidjan zum Gerichtstermin überführt. Sie saß mit 83 weiteren politischen  und militärischen Gegnern des von Paris gestützten Coups, der sich über mehrere Monate hinzog, auf der Anklagebank.

Der Prozess, der vom gegenwärtigen pro-imperialistischen Regime geführt wird, soll einen Monat dauern. Berichte sagen, dass neun Juroren aufgestellt wurden, um die Beweise anzuhören und eine Entscheidung über Schuld oder Unschuld zu treffen.
"Wenn sie für schuldig befunden wird, wird sie 20 Jahre erhalten, denn es geht hier um ein Verbrechen gegen die staatliche Sicherheit," sagte der Ankläger Soungalo Coulibaly.

Nichtsdestoweniger gibt es sogar im imperialistischen Lager eine Kontroverse um den stark politisierten Prozess. Das ICC befahl am 11. Dezember, dass die erste Dame an das Gericht in Holland zum Prozess gegen ihren Mann und seinen Chef-Berater Charles Ble Doude ausgeliefert werde.

In einer juristischen Erklärung des ICC heißt es, dass 'Nach einer gründlichen Beurteilung ... kam die Kammer zum Schluss, dass die heimischen Behörden in der Elfebeinküste nicht greifbare, konkrete und progressive Schritte unternehmen, um zu bestimmen, ob Simone Gbagbo strafrechtlich verantwortlich ist für dieselben Handlungen, die vor dem ICC behauptet  werden." (11. Dezember)

Seit der von Frankreich und den USA unterstützten Konter-Revolution gegen Gbagbo 2010-11 hat sich die Sicherheits-Situation im Land verschlechtert, vor allem in der nördliche Region, wo die Rebellen in dem Komplott gegen die frühere Regierung benutzt wurden. Die vorhandenen Sicherheitskräfte scheinen unfähig zu sein, der Gesetzlosigkeit Herr zu werden, obwohl sie vom Westen befürwortet werden.

"Menschen, die im Norden leben, arbeiten und reisen, werden von bewaffneten Männern terrorisiert, die ohne Angst zu operieren scheinen, daran gehindert geschweige denn strafrechtlich belangt zu werden," sagte Corinne Dufka, die Direktorin der westafrikanischen Human Rights Watch (HRW) in einer Erklärung.
Laut einem Artikel der Frensch Press Agency (AFP) "werden Busse, Autos und Wohnungen fast täglich von Bewaffneten mit Sturmgewehren und Granaten angegriffen. Viele Opfer haben gesagt, dass sie 'es aufgegeben haben, Anzeige zu erstatten mangels Reaktionen' sagte HRW." (15. Dezember)

Die Konter-Revolution gegen Gbagbo hat die Fähigkeit des Quattara Regime geschwächt, die Elfenbeinküste zu stabilisieren; es hat hingegen die Abhängigkeit des post-kolonialen Staates verstärkt. Nur eine erneute Konsolidierun der patriotischen Kräfte kann Hoffnung für eine bessere Zukunft bieten.

Das post-Gaddafi Libyen und die Anomalie des sogenannten "Arabischen Frühlings"

Zur gleichen Zeit, als Washington und Paris effektiv den westafrikanischen Staat Elfebeinküste destabilisierten, gingen die Imperialisten unter Führung von Obama daran, eine Konter-Revolution gegen die Jamahiriya in Libyen einzuleiten. Am 17. Februar 2011 wurde ein Rebellenkrieg in Bengasi gegen die Zentralregierung in Tripolis entfacht.

Als die loyalen Kräfte mobilisiert wurden, um die Konter-Revolutionäre zurückzuschlagen, konstruierten die USA, Frankreich und England zwei Resolutionen des Sicherheitsrates. Die erste, UNSC 1970, verhängte ein Waffenembargo gegen Muammar Gaddafi, erlaubte aber große Schiffsladungen mit Waffen und Personal nach Bengasi und anderen Gebieten am Mittelmeer. Die zweite Resolution, UNSC 1973, erteilte eine pseudo-legale Erlaubnis für eine massive Bombardierung des nordafrikanischne Landes unter dem Vorwand, eine "no-fly Zone" einzurichten.

Nachdem das Pentagon und die NATO mit ihren Alliierten Libyen vom 19. März bis zum 31. Oktober bombardiert hatten, war die Zerstörung des Landes besiegelt. Millionen waren durch die Luftangriffe heimatlos geworden, 50 000 - 100 000 wurden schätzungsweise getötet und der Terror der west-gestützten Rebellen nahm einen entschieden reaktionären und rassistischen Charakter an.

Heute liegt Libyen im Chaos, mit ausgebrannten Öl-Terminals und ganze Gruppen der Bevölkerung sind den Angriffen verschiedener Rebellen-Fraktionen ausgesetzt, von denen zwei um die Kontrolle der Hauptstadt und der begehrten Ölressourcen und Einnahmen kämpfen. Die von den Imperialisten anerkannte Fraktion hat Zuflucht in Tobruk gesucht, nachdem sie aus der Hauptstadt vertrieben wurde. Sie hat Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate um Flugzeuge gebeten, die Luftangriffe gegen rivalisierende Milizen fliegen, die Islamisten genannt werden.

Sowohl Tunesien als auch Ägypten, die als Geburtsorte des "Arabischen Frühlings" vom Dezember 2010 bis Februar 2011 gelten, grenzen an Libyen. Selbst nach den Erhebungen in Tunesien und Ägypten, bei denen die Diktatoren Zine El Abidine Ben Ali und Hosni Mubarak, die lange westliche Alliierte waren, gestürzt wurden, erlaubten die Militärregime, die einer echten Volksrevolution zuvorkamen, ihren Armeen, am imperialistischen Krieg gegen Gaddafi teilzunehmen.

Ägyptische Spezialeinheiten wurden als Bodentruppen eingesetzt während der NATO-Bombardements. Tunesische Behörden erlaubten den Konterrevolutionären in Libyen, die Kontrolle über wichtige Grenzposten zu übernehmen, über die Waffen und Rebellen hinein- oder hinausgeschleust wurden.

Da es in  beiden Ländern, sowohl in Tunesien als auch in Ägypten keine anti- imperialistischen oder pan-afrikanischen Kräfte gab, waren sie verurteilt, sich wieder in neo-kolonialistische Gebilde unter einheimischer Staatsmacht und ausländischer Politik zu verwandeln. In Ägypten führte die politische Organisation der Moslembruderschaft, die Freiheits- und Gerechtigkeitspartei (FJP), die im Juni 2012 gewählt wurde, keine grundlegenden Veränderungen in Kairos Beziehung zu den USA und Israel durch.

Folglich hat sich mit dem Sturz von Präsident Mohamed Morsi durch das Militär am 3. Jul 2013 der Kreis der "Ägyptischen Revolution" geschlossen. Selbst die zeitweilige Aufhebung des Regimes von Feldmarschall General Abdel-Fattah al-Sisi durch die AU, die jede militärische Machtergreifung ablehnen muss, wurde wieder aufgehoben, sobald der General seine Uniform ausgezogen hatte und sich die Präsidentschaft durch Wahlen gesichert hatte, von denen die FJP ausgeschlossen wurde.

Tunesien erlebte bei den jüngsten Wahlen den Wiederaufstieg von Ben Ali durch die reformierte Partei Nidaa Tounes (Tunesiens Ruf) und in Person des 88-jährigen Beji Caid Essebsi. Die linken Parteien, die Zentristen und die Islamisten waren gespalten und unfähig, die Rückkehr des Karrierepolitikers, der eine Säule der Regierungen von Habib Bourguiba und Ben Ali gewesen war, zu verhindern.

Selbst die BBC gab in einem kürzlichen Artikel zu, dass "seine Kritiker sagen, dass seine Wahl die Rückkehr des alten Establishments markiert, indem sie darauf verwiesen, dass er unter Präsident Ben Ali diente und Innenminister unter dem ersten Präsidenten des Landes Habib Bourguiba war. Essebsis Hauptanliegen war, den westlichen Einfluss in Tunesien in Allianz mit Frankreich und den USA aufrechtzuerhalten.

Lektionen für 2015: Von Erhebungen zu einem revolutionären Pan-Afrikanismus.

Trotz dieser Herausforderungen, die hier über die Entwicklung 2014 und ihren sozio-historischen Kontext umrissen wurden, gibt es klare Anzeichen, dass die neokoloniale Vorherrschaft nicht effektiv garantiert ist. Die Ereignisse in Burkina Faso liefern eine Illustration des Potentials eines Volkes, sich sehr schnell zu mobilisieren, um ein diktatorisches Regime - bei dem sich ein Militär in einen Zivilisten verwandelte - das im Interesse des Imperialismus operierte, zu stürzen.
Blaise Compaore, der einen Staatsstreich gegen den Pan-Afrikanisten und Marxisten Hauptmann Thomas Sankara im Oktober 1987 anführte, blieb 27 Jahre an der Macht. Seine Entfernung wurde schnell beantwortet mit regionalen Plänen, vom Westen ausgearbeitet, um eine mögliche Revolution unter Führung der Arbeiterklasse, der Bauern und Jugend scheitern zu lassen, die am meisten von der Erhebung gegen Compaores Regime und seine Alliierten im Parlament zu gewinnen hatten.

Die jetztige Interims-Koalitionsregierung in Ouagadougou ist dazu bestimmt, das Volk zu beruhigen und seine Energien in eine multi-Parteien-Wahlkampagne 2015 zu lenken, die keine Lösungen für die massive Arbeitslosigkeit, Armut und die charakteristische Repression des Neokolonialismus bringen wird. Die Organisationen des Volkes, die in der Oktober-Erhebung das Erbe von Sankara verfochten,  müssen ihre Kräfte konsolidieren zu einer revolutionären Allianz politischer Parteien und Arbeiterorganisationen, um die Macht im Namen des Volkes zu ergreifen.

In ganz Westafrika  hat es in jüngster Zeit Streiks gegeben. In Ghana streikten 2014 der öffentliche Sektor, die Erzieher und das Gesundheitspersonal und verlangten bessere Arbeitsbedingungen, die Sicherung ihrer Pensionen und Gehaltserhöhungen, wegen der sozialen Auswirkungen der Entwertung des Cedi, der nationalen Währung.

Auch in Nigeria, Liberia und Sierra Leone streikten die Arbeiter und protestierten in den gleichen Sektoren wie in Ghana. Viele dieser Staaten, wo Streiks und Rebellionen stattfanden, werden als Beispiele phänomenalen ökonomischen Wachstums in Afrika genannt. Doch die Profite, die als Ergebnis ausländischer Direktinvestitionen und der damit verbundenen Politik eingeheimst wurden, wurden nicht mit den Massen geteilt.

In Nigeria, das jetzt zur größten Wirtschaftsmacht auf dem Kontinent aufgestiegen ist, ist man nicht in der Lage gewesen, den Boko Haram Aufstand im Norden effektiv einzudämmen und auszumerzen. Die Entführung hunderter Mädchen aus höheren Schulen in Chibok war ein deutliches Zeichen des Zusammenbruchs der zerrütteten post-kolonialen Verteilung von regionalen Trennungen in der Politik, wie sie sich in den militärischen und Sicherheits-Kräften zeigen.

Alle diese Kämpfe zielen darauf, einen anständigen Lebensstandard für Arbeiter, Jugendliche und Bauern zu gewinnen; die ideologischen und politischen Kampagnen, um die reaktionären Ideen und Bewegungen zu bekämpfen, die Forderung nach echter all-afrikanischer Einheit und der revolutionäre Imperativ für die Mitwirkung der Majorität des Volkes in der Gesellschaft sollten an der Spitze der Tagesordnung aller progressiven Kräfte auf dem Kontinent und ihren internationalen Unterstützern stehen.

Mit dem Niedergang der Rohstoffpreise auf den globalen Märkten spüren schon viele afrikanische Staaten die Auswirkung der lauernden Krise. Diese post-kolonialen Regierungen und die nationalen Bourgeoisien in diesen Ländern sind verwundbarer denn je zuvor, da sie vor allem von ausländischen Geldern für die Exporte zur Sicherung ihrer Vorherrschaft in diesen Gesellschaften abhängig sind.

Es ist offensichtlich, dass die neo-liberale Agenda, die seit drei Jahrzehnten die Politik bestimmt, ihrem Ende entgegengeht. Die einzig wahre Lösung der Krise ist die sozialistische Rekonstruktion und Planung in einem kontinentalen und globalen panafrikanischem Rahmen.

Quelle - källa - source    Tut mir leid, die URL funktioniert nicht. Habe es mehrfach probiert. Man muss den Titel: 'Africa in Review 2014' googeln, dann kommt sie hoch.

2 Kommentare:

  1. Die quelle is nicht vorhanden?

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  2. Du hast Recht, aber es ist nicht mein Fehler. Die URL ist korrekt kopiert, aber sie ist falsch. 'Africa in Review 2014' googeln, dann kommt sie hoch.

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