Samstag, 12. November 2011

Nepal: Kathmandu - Grüne Ökonomie und Armut-Minderung


von Marianne de Nazareth am 7. November 2011

Verschiedene Grünfarben umschwirrten uns, als wir unter dem Laubdach der dicht wachsenden Bäume hindurchgingen im Godavari Projekt Zentrum in Kathmandu. Godavari ist ein 40 ha Pilotprojekt des International Centre for Integrated Mountain Development, in Kathmandu besser unter dem Namen ICIMOD bekannt. Farne wachsen üppig, Bäche gurgeln die Hänge hinab in Bassins, wo Regenbogen-Forellen springen und viele Blumen wuchsen im Unterholz. In den Zweigen der Bäume riefen zahlreiche Vögel und der frische Farnduft in der Luft war herrlich.

„Es war 1993, als ICIMOD dieses Stück Land erhielt, das völlig wertlos war. Es gab keine Bäume, nur Büsche, dürftig und vertrocknet, wo Vieh weidete“, erklärte Samden Lama Sherpa, der Manager des Godavari Zentrums. „Die Bäume sind durch Schutz, Regenerierung und einfach durch Pflanzen einheimischer Arten gewachsen. Durch Wiederherstellung des Waldes beweist unser Projekt, dass ein gesunder Wald die Quelle nachhaltigen Einkommens sein kann für die verarmten Berggemeinden.“
ICIMOD ist ein regionales Zentrum für Wissensvermittlung und Lernen, das acht Länder-Mitgliedern im Hindukush-Himalaya Bereich dient – Afghanistan, Bangladesh, Bhutan, China, Indien, Myanmar, Nepal und Pakistan mit der Zentrale in Kathmandu, in Nepal.
Laut ICIMOD haben Globalisierung und Klima-Wechsel einen zunehmenden Einfluss auf die Stabilität des fragilen Gebirgs-Ökosystems und den Unterhalt der Bergbevölkerung. Daher steht ICIMOD den Bergvölkern bei, diese Veränderungen zu verstehen, sich anzupassen und  das Beste aus neuen Möglichkeiten zu machen und gleichzeitig die Probleme im Ober- und Unterlauf der Flüsse anzugehen.
Armut in den Bergen wird durch Veränderungen der Umwelt verschlimmert, laut ICIMOD; der Lebensunterhalt wird stärker durch Umwelt-und wirtschaftliche Veränderung beeinflusst als in der Ebene. Der Bergbewohner reagiert unmittelbarer und neigt dazu, stärker mit der Verwaltung und Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen verbunden zu sein. ICIMOD beobachet die ökologischen und sozio-ökonomischen Veränderungen, analysiert die Konsequenzen auf den Lebensunterhalt der Bergvölker, um die Entwicklung angemessener Maßnahmen zu erleichtern zusammen mit innovativen und fairen Mechanismen für  Kompensation für die Ökosystem-Dienste, frisches Wasser und Kohlenstoff-Reduzierung.
In einer Ansprache für uns von Dr. Golam Rasul, Chef der ICIMOD-Abteilung für ökonomische Analysen, fragte er: „ Warum müssen wir unsere Wälder erhalten? Warum brauchen wir eine grüne Ökonomie? Nachdem das Wachstumsorientierte Modell versagt hat, das ökonomische Wachstum aufrechtzuerhalten, die Armut zu reduzieren und die Umwelt zu schützen, zielt eine grüne Ökonomie darauf ab, das Wohlergehen der Menschen, soziale Gleichheit zu vermehren und Umweltrisiken zu vermindern.“ Diese grüne Ökonomie ist wichtig für die Bergbevölkerung, weil die meisten dieser Gemeinden von den Wäldern und der Natur für ihr tägliches Leben abhängen. Indem wir den Waldbestand konservieren, reduzieren wir die Armut und konservieren auch die natürlichen Ressourcen.
Die Vorteile der Waldökosystem-Dienste sind größer als greifbare Vorteile, da ökonomische Sicherheit und das menschliche Wohlbefinden im Grunde abhängig sind von den Gütern und Diensten des Ökosystems, sagte Dr. Rasul. Beinahe die Hälfte der Weltbevölkerung lebt von frischen Wasser aus den Bergen, für Energie aus Wasserkraft und für Bewässerung. Gesunde Berg-Ökosysteme aufrechtzuerhalten, bringt also sowohl der Bergbevölkerung als auch indirekt der Bevölkerung am Unterlauf der Flüsse Vorteile.
Später fuhren wir in den Phulchowki Bergwald, wo wir die Komitee-Mitglieder für Walderhaltung trafen. Dies ist ein sehr erfolgreiches partizipatorisches Konservierungs- Projekt, wo die Gemeinde den Schutz „ihres“ Waldes übernommen hat.
Ganesh Bahadur Silval, der Schatzmeister, sagte, dass diese Methode des Gemeindewalds vor 35 Jahren begonnen wurde, als ihr ein Stück Land zur Pflege übergeben wurde. Ein Exekutivkomitee wurde gewählt, das zwischen 7 und 15 Mitgliedern zählte. „Mindestens 50% des Komitees waren Frauen und außer einem Präsidenten und Vize wurde auch ein Waldschützer bestimmt.“
Über die Jahre stellte man laut Ganesh Bahadur fest, dass die Gemeindemitglieder einander näherkamen und dass es in den Haushalten Harmonie und Einbeziehung gab. Das Land, das völlig nackt gewesen war, wurde frisch und grün, und der Wald begann Dividende abzuwerfen und man begann zu verdienen. Das Gebiet war 147 ha groß und da gab es sowohl wertvolle Holz- als auch Nichtholzprodukte. Bäume durften nicht gefällt werden, aber den Leuten war erlaubt, nach festgelegten Richtlinien Feuerholz für ihren Bedarf zu schneiden. Anfänglich erlaubte man keinerlei Fällen, aber später wurde Beschneidung zugelassen, nachdem vom Komitee beschlossen wurde, welche Bäume beschnitten und verkauft werden durften. Auch wurden kranke Bäume abgeholzt.
Ruku Bhujel, ein weibliches Komiteemitglied sagte, dass die Frauen den Wald von Unkraut befreien, damit medizinische Pflanzen und Futter wachsen konnte. „Indem wir die Wälder schützten, machten wir unser Leben einfacher, weil die Zeitverschwendung mit Wasserholen und Feuerholz sammeln entfiel; der regenerierte Wald gab uns das und noch mehr. Wir brauchten nicht mehr in den nahegelegenen Regierungswald gehen, um Holz zu stehlen, was uns Angst machte, weil man geschnappt werden konnte.“
Rama Chettri, Vizepräsidentin, erklärte, dass sie das Gebiet in vier Blocks eingeteilt hatten und drei Monate brauchten, um die Blocks nach und nach zu säubern. Jetzt hatten sie genug Feuerholz für ihre 120 Haushalte und konnten außerdem übriges Holz und Blätter verkaufen. Sehr einträglich war auch, dass das Gebiet zu einem beliebten Picknickplatz für Kathmandu geworden ist; sie haben einen offenen Picknickplatz geschaffen, den sie für 50000 Rp
im Jahr vermieten. Das Geld verwendeten sie für Schulstipendium für die ärmeren Haushalte, für die Säuberung der Wasserquellen und Hilfe für Leute aus niedrigeren Kasten, die kein richtiges Einkommen hatten.
In den vergangenen Jahren sind das Wachstum der Wirtschaft, Bevölkerungsveränderungen und Klimaveränderung so schnell vor sich gegangen, dass die früheren Rezepte der Anpassung der örtlichen Bevölkerung im Hindu Kush-Himalaya Gebiet ineffektiv wurden. Das Ergebnis war ein zunehmendes Risiko für Armut und Marginalisierung der Bergbevölkerung. Es ist wirklich ein gutes Zeichen, dass die Gemeinde-Wälder von Phulchoki, die eine große Erfolgsstory sind, durch die Regierung auf  ganz Nepal angewandt werden können und sollten. Tatsächlich hat der erste Pilot Forest Carbon (Holzkohle) Trustfond in Nepal Vertretern von drei Wassereinzugsgebieten in den Distrikten Dolakha, Gorkha und Chitwan 95000 US $ für Nutzergruppen von Gemeindewäldern gegeben bei einer Zeremonie, die von ICIMOD am 15. Juni 2011 organisiert wurde.
„Ich bin so glücklich, ich könnte sterben, zu wissen, dass wir den Wald, den es schon gab, als ich noch ganz klein war, unseren Enkelkindern weitergeben zu ihrer Freude. Am Ende hat die Gemeinde verstanden, dass der Wald, wenn wir ihn schützen, uns langfristige Vorteile bringt wie Futter für unsere Tiere und Holz, um unsere Häuser zu bauen. Wir müssen ihn nur gut pflegen und im Gegenzug wird er uns schützen“, sagt Rama und zeigt auf die bewaldeten Hänge mit Stolz und Glück.
„Die Leute der Region müssen befähigt werden und die Macht bekommen, die Veränderungen in den Griff zu bekommen, sich anzupassen und dabei Gewinn zu machen, damit sie ein besseres Leben genießen können durch größere soziale und Umweltsicherheit.
ICIMOD beobachtet und analysiert die Armutssityation und ihre Ursachen und hilft, relevante Information zu geben mit besonderer Betonung auf hochwertigen Produkten und Wertschöpfungsketten, innovativen Unterhaltsmöglichkeiten. Innovative Strategien zur Verbesserung des Einkommens sind der Kern der Anpassungs-Strategien, die wiederum den Weg ebnen für sozio-ökonomische und Umweltveränderungen“, erklärte Madhav Karki, stellvertretender General-Direktor von ICIMOD.
Im Laufe der Jahre ist Waldwirtschaft ein kritischer Teil der Klimaveränderungsagenda geworden. Deshalb ist die Rolle der ICIMOD durch ihre Unterstützung von nachhaltiger Entwicklung von Gebirgsgegenden durch aktive regionale Kooperation sehr wichtig und sollte von allen Regierungen der Region unterstützt werden.

Original ist hier zu finden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen