Donnerstag, 13. Oktober 2011

Russischer Umweltschützer zu geplantem AKW Kaliningrad

Diesen Artikel aus Scharf-Links zu veröffentlichen, ist für mich auch ein bisschen eine Herzensangelegenheit, da ich als 6-jähriger Junge mit meiner 2 Jahre jüngeren Schwester und Vater meine gelähmte Mutter in Königsberg, wie es damals hieß, besuchte. Obwohl es recht vage Erinnerungen sind - an Zoppot erinnere ich mich viel besser - finde ich dennoch die Haltung unserer Regierung eine ausgemachte Schweinerei. Hier dröhnen sie herum, dass die Atomenergie 'ausgephast' werden soll, und hintenherum unterstützen sie natürlich unsere und andere Atomlobbies. Es wäre gut, wenn die AKW-Gegner
in Kaliningrad eine große Kampagne starten würden, um zu vermeiden, dass die wunderschöne Landschaft dort auch durch ein mögliches Tschernobyl zerstört wird.




von Bernhard Clasen
am 7. Oktober 2011

„Warum spricht das deutsche Umweltministerium nur mit den russischen
Vladimir Slivjak
Behörden, nicht aber den Atomkraftgegnern?“ Vladimir Slivjak, Sprecher der russischen Umweltgruppe „Ecodefense“ (mehr siehe hier), ist empört über das deutsche Umweltministerium und andere offizielle Vertreter Deutschlands. „Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt unterstützt Deutschland de facto den Bau eines Atomkraftwerkes im russischen Kaliningrad“, so Slivjak im Gespräch mit «Scharf-Links». Slivjak, der selbst aus Kaliningrad stammt, beruft sich in seiner Kritik auf offizielle Informationen des Atomkonzerns ´Rosatom`vom September.

Bereits seit Februar 2011 führe die russische Seite mit dem deutschen Umweltministerium, der deutschen Botschaft in Moskau und der 'Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS)' Gespräche über eine Umweltverträglichkeit des in der westrussischen Exklave Kaliningrad geplanten Atomkraftwerkes „Baltijsk“. Die GRS war vor einem Jahr mit der vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben beauftragt worden. Die deutsche Seite hat sich offensichtlich durchaus wohlwollend über die russischen Sicherheitsstandards geäußert. Die radioaktive Belastung der Umwelt durch das baltische Atomkraftwerk werde unterhalb der in Russland liegenden Normwerte liegen, zitierte kürzlich der russische Atomkonzern „Rosatom“ einen deutschen Bericht auf seiner Internetseite. Umweltverträglichkeitsprüfung, so die deutsche Seite laut „Rosatom“ und die zugrunde gelegten Grenzwerte würden im Wesentlichen dem internationalen Niveau entsprechen.

Allerdings hätten die deutschen Experten, so „Rosatom“, auch verlauten lassen, man müsse die bei der Bewertung verwandten Methoden noch tiefer verstehen. Offensichtlich ist man sich näher gekommen. Viele Fragen der deutschen Fachleute, so „Rosatom“, seien inzwischen erschöpfend beantwortet, gleichzeitig werde man der deutschen Seite noch weitere Unterlagen und Erklärungen übermitteln. Obwohl Russland das Übereinkommen der Vereinten Nationen zu Umweltverträglichkeitsprüfungen im grenzüberschreitenden Rahmen („Espoo-Konvention“) nicht ratifiziert habe, sieht sich „Rosatom“ doch an diese Konvention gebunden.
Deswegen habe es bereits Konsultationen zur Umweltverträglichkeit des Atomkraftwerkes „Baltijsk“ mit Lettland, Estland, Polen und Belarus durchgeführt. „Rosatom geht es nicht um die Erfüllung der Espoo-Konvention“ hält Slivjak entgegen. „Rosatom kämpft um die Akzeptanz des umstrittenen Atomkraftwerkes. Eine Unterstützung Deutschlands wäre für ´Rosatom` von entscheidender Bedeutung. Wenn Deutschland erst einmal seine Zustimmung zu dem umstrittenen Projekt erteilt hat, dann wird auch aus den anderen Ländern und den Menschen vor Ort nur noch wenig Widerstand zu erwarten sein. Und dann wird sich ´Rosatom` erneut bemühen, auch deutsche Firmen in den Bau dieses Kraftwerkes einzubeziehen“.
Für Slivjak ist das Verhalten der deutschen Seite, die sich nur mit offiziellen russischen Stellen und dem Atomkonzern „Rosatom“ über die Gefahren des AKW Baltijsk berät, naiv. „Warum spricht das deutsche Umweltministerium nicht mit den Umweltgruppen, die vor Ort gegen den Bau des Atomkraftwerkes ´Baltijsk` kämpfen?“ fragt Slivjak. Doch möglicherweise wird ja in diesen deutsch-russischen Konsultationen nicht nur über Umweltverträglichkeit gesprochen, vermutet Slivjak. Vielleicht wolle sich die deutsche Seite jetzt schon durch ihr Verhalten später einen guten Preis für den russischen Atomstrom sichern.

Die Arbeiten am dem AKW gehen offensichtlich zügig voran. Die für September geplanten Aufgaben seien „zu 101% erfüllt worden“ berichtet stolz der Atommanager Jewgenij Wlasenko. Nun gelte es, weitere Personen für die Bauarbeiten heranzuziehen. Derzeit, so die Internetplattforum „atomic-energy.ru“, sind 529 Arbeiter bei den Bauarbeiten eingesetzt. Der erste der beiden Kraftwerksblöcke gehe 2016 ans Netz, der zweite 2018. Ausdrücklich erwähnt das Portal, dass ein Teil des Atomstroms für den Export bestimmt sein wird. Und es gibt noch eine weitere Sensation: zum ersten Mal in der Geschichte von Russlands Atomwirtschaft sei man auf der Suche nach ausländischen Investoren, die einen Anteil von 49% erwerben könnten, so „atomic-energy.ru“.

Originalartikel wurde in Scharf-Links veröffentlicht.

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