Montag, 5. September 2011

Was für eine tolle Humanitäre Mission: 30000 Bomben auf Libyen


Dieser Artikel von Thomas C. Mountain wurde am 3. September hier veröffentlicht, Thomas Mountain war Mitglied der ersten US-Friedensdelegation nach Libyen 1987. Er ist der einzige unabhängige westliche Journalist am Horn von Afrika. Er lebt und berichtet aus Eritrea seit 2006. Er ist erreichbar unter thomasmountain at yahoo dot com.



Nach etwa 8000 Bombenangriffen, mit geschätzten 4 Bomben pro Angriff, hat die NATO bereits über 30 000 Bomben auf Libyen abgeworfen. Das sind etwa 200 Bomben pro Tag über 6 Monate, einige zehntausend Tonnen hochexplosiven Materials. Mit geschätzten zwei getöteten Libyern pro Bombe und keinem einzigen NATO-Opfer haben die westlichen Regime über 60 000 Libyer im vergangenen halben Jahr massakriert; die Rebellen selbst sprechen von 50 000 libyschen Toten. Was für eine tolle humanitäre Intervention, nichtwahr?


Wie sich der „Bürgerkrieg“ entwickelt hat, lässt sich am besten im Licht der Ereignisse vom 21. August erklären. An jenem Sonntag nachmittag filmte ein BBC-Team eine Rebellen-Einheit, die in Zawiya außerhalb von Tripolis auf der Flucht war. Hals über Kopf, angstvolle Blicke zurück werfend rannten sie in wilder Flucht auf der Straße zurück, auf der sie gekommen war. Selbst die BBS Presstitutierten  konnten nicht ihren Abscheu bei diesem Anblick verbergen. Wieder einmal waren die Rebellen auf harten Widerstand gestossen und hatten ihren Mut bewiesen, indem sie davonrannten.
Am nächsten Morgen erzählte eine Reporterin von France24, wie sie später am Abend jenes Sonntag eben jene Rebellen begleitete, als sie widerstandslos durch Zawiya zum Grünen Platz im Herzen von Tripolis fuhren, diesmal entlang der Reihen ausgebombter und noch brennender Häuser.
Dies ist der Krieg der NATO gewesen und auch wenn der Westen das nicht begreift, so tun es jedenfalls die Rebellen.
Ein großes Problem für die NATO und ihre libysche Quislings-Liga, auch als Nationaler Übergangsrat (NTC) bekannt, ist, dass das meiste Rebellenmilitär jetzt in der Hand der Libyschen Islamischen Kampfgruppe (LIFG) ist, eine selbst ernannte Tochter von al Qaida im Maghreb (Nordafrika) ist. Der kommandierende „General“ der hauptsächlich aus Berbern bestehenden Rebellen, die die libysche Hauptstadt eingenommen haben, ist Chef der LIFG. Einer seiner Spitzen-Offiziere ist Chef der Rebellenarmee in Bengasi. Nach dem kürzlichen Mord an „General“ Younnis, ehemaliger libyscher Geheimdienstchef, hat die LIFG jetzt die Führung fast aller effektiven Kampfeinheiten der libyschen Rebellion übernommen.
Eine schöne Leistung und bedanken muss sich Al Qaida bei den USA und ihren NATO-Alliierten.
Seit die ehemaligen LIFG Terroristen zu „Freiheitskämpfern“ geworden sind, von Haus zu Haus gehen, „Gaddafi-Anhänger“ und „Afrikanische Söldner“ verhaften und hinrichten, ist das Leben für die einfachen Leute in der Stadt zu einer Frage des Überlebens geworden. Ohne Wasser seit fast zwei Wochen, ohne Kochgas oder Benzin für ihre Autos und knappen Lebensmitteln ist die Zukunft für die Menschen in Tripolis unsicher.
Manche Berichte der internationalen Medien haben behauptet, dass der Große Menschgemachte Fluss (GMMR), das Wassersystem, das Nordlibyen mit Wasser versorgt, von der NATO bombardiert wurde. Andere Berichten sagen, dass „Gaddafi-Anhänger“ immer noch die Brunnen im Süden kontrollieren und die Versorgung abgehängt haben. Wenn Letzteres stimmt, dann wäre auch die Versorgung Bengasis in Gefahr. Auf jeden Fall wird Tripolis für einige Zeit abhängig von importiertem Wasser sein, und wie eine Stadt von beinahe 2 Millionen Einwohnern von Wasser überleben soll, dass via Tankfahrzeugen geliefert wird, ist eine Frage, die von den westlichen Medien einfach nicht mehr behandelt wird.
Der TNC, der jetzt als „legitime Regierung von Libyen“ von den NATO Regierungen und ihren Alliierten anerkannt wurde und aus vielen ehemaligen hohen Beamten der libyschen Regierung besteht, kommt zunehmend in die Bredouille. Die Afrikanische Union versucht die Freigabe der Gelder der Libyschen Regierung zu blockieren, die auf westlichen Konten eingefroren sind, und die Zeit ist knapp, damit die Kontrolle des NTC aufrechterhalten werden kann.
Südafrikas Präsident Jacob Zuma hat die Führer des NTC als Veruntreuer bezichtigt und verlangte, dass sie die Dutzende Millionen Dollar zurückgeben, die gestohlen zu haben sie angeklagt sind, als sie noch in der Regierung saßen, bevor die AU ihre Opposition aufgibt, dass die Gelder der Gaddafi-Regierung an den NTC übergeben werden.
Die NATO-Führer müssen sich mühen, um die NTC flüssig zu halten. Bilder mit Paletten, fast 2 m hoch bepackt mit 200 Millionen libyschen Dinars, die in London abgeschickt werden, zeigen, wie sehr es auf des Messers Schneide steht, dass der NTC seinen Einfluss aufrechterhalten kann. Zwar hat der in Paris abgehaltene Zirkus von NATOs „Freunden Libyens“ die Freigabe von Libyens Dollar-Milliarden versprochen, aber dies durchzuführen ist eine ganz andere Sache. Korruption und Inkompetenz zeichnen die Vergangenheit der NTC-Führung aus, und es wird keine Überraschung sein, künftig Berichte von der Veruntreuung dieser Gelder zu hören.
Wie lange die LIFG/Al Qaida Rebellenarmeen zuschauen und erlauben werden, dass ihre früheren erbitterten Feinde an der Macht bleiben, ist eine 60 Mrd. $ Frage.
Die Rebellen“Regierung“ in der Hafenstadt Misrata hat bereits angekündigt, dass sie nicht die Autoriät des TNC anerkenne, und Kundgebungen, auf denen die Entfernung der früheren Beamten der libyschen Regierung im TNC verlangt wird, finden laut Berichten fast täglich dort statt.
Unterdessen sind weite Gebiete in der südlichen libyschen Wüste von der NATO noch nicht erobert und fast das ganze Wasser Libyens und der größte Teil der Ölquellen liegen noch außerhalb der Kontrolle des NTC.
Hunderte von Dörfern und kleinen Städten, verteilt über ein riesiges Gebiet, stehen immer noch Oberst Gaddafi und seinen Anhängern zur Verfügung. Für Algerien, das die Al Qaida im Maghreb bekämpft, ist die westliche Grenze Libyens offen und erlaubt den Gegnern der von der NATO gestützten Rebellen einen sicheren Rückzug. Der NTC hat schon seine Besorgnis über einen langandauernden Aufstand in Südlibyen mit Algerien als Basis geäußert.
Noch haben die Al Qaida Rebellenkämpfer und die prächtigen Jungs des Westens im NTC nicht begonnen, sich zu prügeln. Allerdings scheint es unausweichlich, dass innere Kämpfe unter den Rebellen stattfinden werden. Wir werden es vielleicht noch erleben, wie NATO-Flugzeuge ihre früheren Alliierten in der libyschen Rebellion bombardieren.
Eine Sache ist klar: die libysche Tragödie hat erst begonnen und die Einnahme Nordlibyens durch die NATO geführten Rebellen ist nur die erste Phase. 30000 Bomben auf Libyen und 60 000 tote Libyer sind erst der Anfang statt des Endes der Katastophe.



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